Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum ermäßigten

Steuersatz bei der Erstellung von Wasserhausanschlüssen

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) hat mit Datum vom 03.04.2008 das mit Spannung erwartete <link http: curia.europa.eu jurisp cgi-bin _blank external-link-new-window zum>Öffnet einen externen Link in einem neuen FensterUrteil in der Rechtssache C-442/05 (Finanzamt Oschatz gegen Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung Torgau-Westelbien) zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes im Rahmen der Erstellung von Wasserhausanschlüssen verkündet.

 

Grundsätzlich ist das Urteil des EuGH aus Sicht unserer Anschlussnehmer bzw. Neukunden positiv zu bewerten, da es den privaten Kunden (nicht den gewerblichen) einen wirtschaftlichen Vorteil bei der Erstellung ihres Hausanschlusses im Zuge von Neubaumaßnahmen gewährt. 

 

Zum Sachverhalt:

 

Das Sächsische FG hatte im Jahr 2003 - entgegen der seit dem Jahr 2000 bestehenden Auffassung der Finanzverwaltung, wonach es sich beim Verlegen eines Hausanschlusses stets um eine eigenständige sonstige Leistung (abzurechnen mit dem Regelsteuersatz) handeln soll - das Erstellen von Hauswasseranschlüssen als unselbständige Nebenleistung zur Lieferung von Wasser eingestuft und folglich dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterworfen. Auf die Revision des Finanzamts hatte der BFH mit Beschluss vom 03.11.2005 erklärt, ebenfalls in Richtung des ermäßigten Steuersatzes zu tendieren, er hatte jedoch dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob das Verlegen eines Hauswasseranschlusses als "Lieferung von Wasser" im Sinne der 6. EG-Richtlinie anzusehen ist. Der Generalanwalt beim EuGH hatte in seinen Schlussanträgen vom 10.07.2007 der Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung gleichfalls eine Absage erteilt; und auch der EuGH hat jetzt in diesem Sinne entschieden.

 

 

Fazit:

 

Das Urteil des EuGH (siehe Anlage) vom 03.04.2008 ermöglicht dem BFH nunmehr, das Verfahren im Sinne des EuGH-Urteilsspruchs abzuschließen und das Erstellen von Hauswasseranschlüssen dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz in Höhe von 7,0 % zu unterwerfen.

 

Sicherlich bedürfen das Urteil sowie seine Begründung noch einer genaueren rechtlichen Analyse. Die juristischen Abteilungen unserer Fach- und Dachverbände werden sich sicher in den kommenden Wochen und Monaten ausführlich mit dieser Thematik auseinandersetzen und solche Fragen wie: „Gibt es eine Verpflichtung zur rückwirkenden Rechnungskorrektur der mit dem Regelsteuersatz (16,0 % bzw. 19,0 %) abgerechneten Trinkwasserhausanschlüsse der letzten Jahre? Oder: Gilt der Urteilsspruch auch für Baukostenzuschüsse (bzw. vormals Anschlussbeiträge) und/oder auch für Reparaturleistungen?“ aufgreifen. Sicherlich wird sich auch das Bundesfinanzministerium (BMF) zu dem o. g. Urteilsspruch neu positionieren und den Katalog der dem ermäßigten Steuersatz unterworfenen Leistungen anpassen müssen.

 

Es stellte sich nach dem Urteilsspruch in der letzten Woche nunmehr die Frage, wie mit diesem umzugehen ist. Viele Wasserversorgungsunternehmen (WVU) in NRW haben sich bereits entschlossen, den Kostenvorteil sofort und unmittelbar an ihre Kunden weiterzugeben, andere wollen erst noch abwarten, bis der BFH das Verfahren endgültig abgeschlossen hat. Eine rückwirkende Korrektur für Abrechnungen der Vergangenheit nimmt zunächst kein uns bekanntes WVU vor. Hier ist eine gewisse Zurückhaltung aber sicherlich auch angebracht.

 

Die Geschäftsführung der Hochsauerlandwasser GmbH hat sich entschlossen, die Erstellung von Hausanschlüssen im gesamten Versorgungsgebiet ab sofort mit dem ermäßigten Steuersatz sowohl anzubieten als auch abzurechnen und unseren Kunden den durch das Urteil des EuGH eingeräumten Kostenvorteil in der Besteuerung direkt weiterzugeben. Die Erstellung von Hausanschlüssen wird also ab sofort nicht mehr mit 19,0 % sondern nur noch mit 7,0 % MwSt. besteuert.

 

Die formalrechtliche Umsetzung des Ausweises der ermäßigten Besteuerung in den „Ergänzenden Bestimmungen“ zur Verordnung über die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) wird in der nächsten Aufsichtsratssitzung (am 13. Oktober 2008) auf die Tagesordnung gebracht und Ihnen dann zur abschließenden Beschlussfassung vorgelegt. Dass die Änderung der Ergänzenden Bestimmungen noch der formalrechtlichen Zustimmung des Aufsichtsrates bedarf, hemmt die sofortige Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes nach Auffassung des Unterzeichners nicht.

 

Weitergehende Maßnahmen wie die rückwirkende Korrektur von Abrechnungen der Vergangenheit bzw. das Ausweiten der Steuersatzermäßigung auf andere Abrechnungsleistungen werden zurzeit noch nicht vorgenommen. Dies scheint im Hinblick auf den „frischen“ Urteilsspruch noch zu verfrüht. Die Hochsauerlandwasser GmbH wird die rechtliche Analyse des Urteilsspruchs und die weitere Entwicklung selbstverständlich genau im Auge behalten.

 

Für Fragen stehen Ihnen die Mitarbeiter der Hochsauerlandwasser GmbH selbstverständlich jederzeit zur Verfügung (Tel.: 0291 / 9920-0).

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg